Gedenktafel zur Erinnerung an das erste Konzentrationslager in Südhessen, „Perlenfabrik“
Abbildungen: Die Gedenktafel zur Erinnerung an das erste Konzentrationslager in Südhessen,
» Ginnheimer Landstraße 40-42, Frankfurt am Main
Funktion und Ort der Gedenktafel
Die von der verbrecherischen Politik betroffenen Menschen werden in der Textvorgabe nicht namentlich genannt, sondern summarisch gesellschaftlichen Gruppen zugeordnet. Der Gedenktafeltext ist in erster Linie eine Information zur Geschichte des Grundstücks während einer frühen Phase der Nationalsozialistischen Ära.
Der Ort der Gedenktafel ist heute ein Studentenwohnheim, ein temporäres Zuhause für junge, gebildete Menschen aus verschiedenen Nationen. Die anspruchsvolle, zeitgenössische Gestaltung der Architektur ist mit einfachen Mitteln verwirklicht.
Gedenktafel Text
Hier, auf dem Gelände eines ehemaligen Erziehungsheimes, im Volksmund „Perlenfabrik“ genannt, errichtete 1933 die SA nur wenige Monate nach der nationalsozialistischen Machtergreifung das erste Konzentrationslager in Südhessen. Vor allem Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten wurden hier inhaftiert, gefoltert und gequält. Das KZ bestand nur kurze Zeit und wurde im Sommer 1933 aufgelöst. Zahlreiche der verbliebenen Häftlinge kamen in andere Konzentrationslager, vor allem nach Osthofen (heute Rheinland-Pfalz) und Dachau.
In 1933, only a few months after the Nazis seized power, the SA set up the first concentration camp in South Hessen here, on the grounds of what was once an approved school that the locals called the “Perlenfabrik” (bead factory). First and foremost, trade unionists, Social Democrats and Communists were imprisoned here, tortured and tormented. The concentration camp existed only briefly as was closed down in summer 1933. Many of the remaining inmates were deported to other concentration camps, mainly to Osthofen (Rhineland-Palatinate) and Dachau (Bavaria).
Künstlerische Lösung
Art und Formgebung unterlaufen die klassisch-werthaltige Material-Ästhetik von Gedenktafeln. Die gewählte Ansprache aus einem „einfachen“ Material und in „einfacher“ Gestaltung erinnert bewusst an bekannte Hinweistafeln, deutet diese aber wesentlich um.
Der Betrachter bekommt etwas zu sehen, das ihm vertraut und gleichzeitig fremd ist. Der unprätentiöse Charakter erscheint mir an diesem Ort die bestmögliche Form für eine Tafel mit diesem Inhalt zu sein.
Die Schrift und die Proportion des Schildes mit dem deutschen Text entsprechen der DIN-Norm für Verkehrszeichen, die tatsächliche Gedenktafelgröße nicht. Das englisch sprachige Schild entspricht nicht der DIN, die Proportion ist eine andere (die Länge ist verdreifacht).
Ebenso ist die Oberflächenbehandlung der Schilder im Unterschied zu den meisten bekannten Hinweisschildern unfarbig. Die beiden Alu-natur-eloxierten Aluminiumtafeln sind witterungsbeständig und passen mit ihrem grauen und einfachen Charakter wunderbar zum traurigen Inhalt und zur Architektur. Die vor der Wand wie schwebend montierten Tafeln sind ohne sichtbare Schraubenköpfe befestigt.
Technische Angaben
2 armierte Aluminiumtafeln, Siebdruck, Eloxal
Schrift: DIN 1451 Engschrift, Schriftgröße: 25 mm
Gedenktafel, deutschsprachig, 56,7 x 86,9 cm
Gedenktafel, englischsprachig, 36,5 x 157,9 cm
Eckradien 40 mm (Standardverkehrszeichen)
Auftraggeber: MainSWerk, Studentenwerk, Frankfurt/Main
Textvorgabe: Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt/Main
Gestaltung: Bernd Fischer, Offenbach/Main
Projektsteuerung: Kulturamt Frankfurt/Main
Fertigstellung: 2014